8. SONNTAG im Jahreskreis

 

Kritik an den Missständen im Staat und in der Kirche ist berechtigt und notwendig. Es wäre lieblos und unverantwortlich - sogar lieblos - die anderen, besonders diejenigen, die man liebt mit ihren Fehlern allein zu lassen und zu tun, als ob sie uns egal sind.

Auch Jesus hat Kritik geübt und ab und zu sehr scharfe Kritik. Oft hat er seine Gegner „Heuchler“ genannt. Jesus war nicht nur ein sanftmütiger Typ. Er konnte auch zornig werden, kritisieren, anprangern. Aber nie tat er dies, um jemanden klein zu machen, zu blamieren, bloß zu stellen, Schaden zuzufügen. Sein Verhalten war geprägt von großer Sorge um seine Mitmenschen. 

Deswegen: „Ein Jünger steht nicht über dem Meister; jeder aber, der alles gelernt hat,  wird wie sein Meister sein.“ Machen wir es also, wie Jesus. Versuchen wir, nicht „blinde Führer“ zu sein, die als „Moralapostel“ für die eigenen Fehler blind sind, aber mit ihrer Kritik anderen zeigen wollen, wie falsch sie sind. Dann sind wir wie Blinde die andere Blinde führen wollen und fallen dann alle in die Grube.

Wie oft wird Kritik nicht verstanden als ein gnadenloses Draufhauen, die Fehler anderer an die große Glocke hängen. Manche haben eine Freude daran, immer nur die Fehler und Schwächen, also das Negative im Leben anderer weiterzuerzählen. Es geht ihnen darum - im Namen der Wahrheit - den anderen nieder- und fertig zu machen, ihn lächerlich zu machen und so indirekt die eigene moralische Überlegenheit zu demonstrieren.

Da denke ich aber an diese bekannte Szene, wo man zu Jesus eine Frau führt, die man beim Ehebruch erwischt hat und die man nun (sogar zum Tode) verurteilen will. Die Reaktion von Jesus: „Wer von euch ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein auf sie!“ Ihr seht den Splitter im Auge dieser Frau, aber die vielleicht noch gröberen eigenen Fehler (den Balken im eigenen Auge) nicht. Sie waren wenigstens ehrlich und schlichen sich davon, die Ältesten zuerst! Jesus zeigt da große Barmherzigkeit. Er heißt nicht gut, was die Frau getan hat, aber er verurteilt sie nicht: „Ich verurteile dich nicht, aber mach diesen Fehler nicht mehr!“

Jesus fordert uns nicht auf, die Fehler der anderen zu verharmlosen oder zu beschönigen. Böses und Falsches soll mit Namen genannt werden. Wer alles entschuldigt, tut anderen damit keinen Dienst. Aber es ist ganz wichtig, wie wir das machen und mit welcher Absicht wir kritisieren. Kritik ohne Liebe macht nur hart. Der andere soll meine Kritik als Vorschlag oder guten Rat und nicht als Vorwurf empfinden. Jesus lädt ein, sich mit dem Urteil über einen anderen Menschen Zeit zu lassen, nicht nur Emotionen, sondern auch die Vernunft und vor allem das Herz sprechen zu lassen. Nur wer seine eigenen Fehler erkannt hat und sich korrigiert, hat das Recht den Mitmenschen zurechtzuweisen. Selbstkritik führt dazu, mit Kritik am Mitmenschen und mit Verurteilung vorsichtig zu sein. Nur wer fähig ist eigene Fehler und Schuld einzugestehen, kann in aller Bescheidenheit auch andere verständnisvoll und in Liebe auf ihre Fehler aufmerksam machen.

Das sind die Tipps und Ratschläge von Jesus für unsere wichtige Kritik einander gegenüber.

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